Zahnärztliche Akademie

Ernährungsgewohnheiten und Heilpflanzenanwendung im antiken Rom unter besonderer Berücksichtigung ihrer Auswirkungen auf die Mundgesundheit

Dr. Christine Schröder, M.A.

Die Ernährungsgewohnheiten im antiken Rom waren sehr unterschiedlich und stark davon abhängig, welcher Bevölkerungsschicht man angehörte, wo man wohnte und in welchem Arbeits- und Abhängigkeitsverhältnis man stand. Die Bewohner der Küstenstädte waren hier sicher bevorzugt, hatten sie doch durch das Meer die Möglichkeit günstig frischen Fisch für wenig Geld zu erwerben oder diesen selbst zu fangen. Hinzu kam der rege Handel mit Lebensmitteln aus allen Teilen der römischen Reiches, der eine große Vielfalt der Speisen ermöglichte, wenn man das nötige Geld hatte.

Wir wissen, dass unser heutiges Angebot an Pflanzen und Heilkräutern auf unseren Märkten sicher in keiner Weise mit dem großen Spektrum pflanzlicher Nahrung, den kultivierten und wild wachsenden Gemüsesorten im antiken Rom konkurrieren könnte. Viele dieser Nutzpflanzen und Kräuter wuchsen auch wild in den verschiedenen Regionen des Landes, so dass Kundige davon im reichen Maße profitieren konnten.

Die Bewohner des frühen antiken Roms waren vorwiegend Bauern. Auch die Führungsschicht in der republikanischen Zeit war bäuerlich geprägt. Aus der anfänglichen bescheidenen republikanischen Bevölkerung des antiken Rom, in der bäuerliche Sitten und Tugenden wichtig waren, entwickelte sich, besonders in der Oberschicht, eine Gesellschaft, in der Mäßigung nicht mehr galt und die zur Prasserei neigte. Das Kochbuch des Apicius gibt ein eindrucksvolles Zeugnis über den übertriebenen Tafelluxus der Oberschicht wieder.

Festliche Gelage in der höheren Gesellschaft fanden regelmäßig statt, wobei dahinter ein gesellschaftlicher, aber auch ein politischer und wirtschaftlicher Gedanke steckte. Es ging um den Status in dieser Gesellschaft, um die Pflege des Familienclans und das Netzwerk von guten Freunden, denen man sich verpflichtet fühlte und die man sich verpflichten wollte.

Die Mittelschicht hatte eine abwechslungsreiche und ausgewogene Ernährung und litt keinen Mangel. Mit Brot, Getreide, Gemüse, Fleisch, Fisch, Eiern, Käse und Obst, konnte man seinen Tisch in der römischen Antike reich decken, sofern man über ausreichend Einkommen verfügte.

Gladiatoren bekamen in den Gladiatorenschulen Kraftnahrung und eine ausgezeichnete medizinische Versorgung. Schließlich galt es ihre Arbeitskraft zu schützen.

Die Ernährung der Sklaven in der Landwirtschaft war ihren Tätigkeiten angepasst. Über die Ernährung der Haussklaven und der ärmeren Bevölkerung finden sich bisher keine schriftlichen verwertbaren Zeugnisse.
Die Tradition der Totenverbrennung im antiken Rom lässt nur wenige Rückschlüsse auf die Lebensverhältnisse der verschiedenen Volksschichten zu. Pompeii und Herkulaneum waren hier tragische Ereignisse, die aber für die Wissenschaft eine einzigartige Möglichkeit darstellten, einen kleinen Einblick in die damalige Zeit und das Leben dieser Menschen zu gewinnen. Der in Ephesos (Kleinasien) entdeckte Gladiatorenfriedhof erbrachte erstaunliche neue Erkenntnisse über die Lebensverhältnisse dieser speziellen Bevölkerungsgruppe.

Es gab im antiken Rom eine Fülle an Getreide, Obst, Gemüse, Fleisch, Fisch und Eier. Sie waren für die, die es sich leisten konnten, die Grundlage für eine abwechslungsreiche und ausgewogene Ernährung.

Dioskuries und Hippokrates berichtet von vielfältigen Kräutern und Pflanzen, die u. a. auch eine medizinische und eine vorbeugende gesunderhaltende Wirkung hatten. Die wissenschaftliche Medizin steckte in der Frühzeit des antiken Roms noch in den Kinderschuhen. Erst als griechische Ärzte ins Kernland Roms geholt wurden, änderte sich dies. Von ihnen haben wir auch die wesentlichen Informationen über Erkrankungen und mögliche Behandlungsmethoden mit unterschiedlichen Heilpflanzen, auch der Zähne.

Schöne Zähne spielten im antiken Rom vor allem bei der weiblichen Oberschicht eine große Rolle. Dafür waren die Damen bereit, auch unangenehme Dinge für sich in Kauf zu nehmen, z.B. das Bleichen der Zähne mit Urin.

Dass es in dieser Zeit kariöse und parodontale Probleme gegeben hat, kann man aus den Aufzeichnungen von Celsus schließen. Gerade bei ihm kann man lesen, wie damals die Erkenntnisse von Karies und Parodontitis noch in den Kinderschuhen steckten. Das Wesen der Erkrankung wurde noch nicht erkannt. Deshalb beschränkte man sich notgedrungen auf die Schmerzstillung und Schmerzbeseitigung. Hierfür gibt es eine große Anzahl von Heilkräutern und Rezepten, die im antiken Rom zur Anwendung gekommen sind. Eine Zahnentfernung sollte nur dann vorgenommen werden, wenn eine chirurgische Lösung sich nicht mehr verhindern ließ.

Vollkornbreie, Vollkornbrot, frisches Gemüse, Obst, Kräuter, Milchprodukte, Fisch, Fette und Öle und in Maßen Fleisch und Süßes gehören zu einer nachhaltigen und ausgewogenen Ernährung, die zur Aufrechterhaltung der Gesundheit und des Wohlbefindens des Individuums dienen. Alle diese Lebensmittel waren Bestandteil der täglichen Nahrung eines großen Teils der Bevölkerung im antiken Rom.

Pyridoxin (Vitamin B6) kommt in Vollkorngetreide, Milch und Milchprodukten, Hülsenfrüchten, grünen Bohnen, Sellerie, Brockoli, Walnüssen, Leberinnereien, Fleisch und Äpfeln vor. (Für Pyridoxin ist ein kariostatischer Effekt nachgewiesen worden.)
Kalziumhaltige Lebensmittel sind wichtig für den Aufbau von Knochen und Zähnen. Mich und Milchprodukte, sowie grüne Gemüsesorten, Haselnüsse, Mohn und in Kräuter, wie z.B. Brennesseln, Petersilie, Löwenzahn.
Vitamin C sind in frischem Obst und Gemüse enthalten, besonders in Beeren und in Kräutern wie z.B. Petersilie, Kresse und Schnittlauch.
Phosphor enthalten in z.B. Milch und Milchprodukten, Käse, Getreide. Fleisch, Fisch, Hülsenfrüchte, Walnüsse, Blattspinat, Birnen. Der natürlich gereifte Käse hat außerdem Protektionen Eigenschaften.

Zucker und zuckerhaltige Lebensmittel, deren übermäßiger Konsum kariogen wirkt, gab es im antiken Rom nicht. Honig und Fruktose aus Trockenobst und süßen Mostsirupe sind ebenfalls kariogen. Allerdings standen diese Lebensmittel der breiten Bevölkerung nicht oder nur in geringem Maße zur Verfügung.

Schon aus Geldmangel war es vielen nicht möglich, mehr als drei Mahlzeiten zu sich zu nehmen. Viele mussten sich sogar mit zwei Mahlzeiten begnügen. Das Naschen zwischen den Mahlzeiten entfiel ebenfalls.

Das Brot der Armen bestand aus mehr Kleie-Anteilen und enthielt auch mehr Steinstaub vom Mahlen des Getreides. Das führte zu einer raschen Abrasion der Zähne. Die Kontaktpunkte der Zähne und die Höcker gingen zwar verloren, aber es sank damit auch die Gefahr der Interdental- und Fissurenkaries.

Die Gewohnheiten unserer modernen Gesellschaft, Zwischenmahlzeiten in Form von zuckerhaltigen Speisen einzulegen und der Konsum von Zucker- und säurehaltigen Getränken, erhöht die Kariesgefahr beträchtlich. Als Nervennahrung empfohlen, stellen solche Zwischenmahlzeiten und Getränke zwar Energie schnell zur Verfügung, greifen aber die Zähne an. Säurehaltige Getränke (Fruchtsäfte, Limonaden) führen zu erosiven Schäden an der Zahnhartsubstanz und begünstigen die Entstehung von Karies. Auch das ständige Naschen von Bonbons, Schokolade und sonstigen zuckerhaltigen Lebensmitteln bedeutet einen fortwährenden Säureangriff auf die Zähne.

Beim Abbau von Weißmehl- und Zuckerhaitigen Nahrungsmittel aus denen Kuchen, Süßstückehen und Fastfood bestehen, entstehen Säuren. Finden Bakterien ständig neue Nahrung, vermehren sie sich stärker und der Zahnschmelz kann nicht mehr remineralisiert werden. Bakterielle Plaque entsteht in minutenschnelle und die remineralisierende Wirkung des Speichels und der Schutz, den er gegen den Säureangriff bietet, bricht bei der fortwährende Zufuhr säurebildender Speisen zusammen.

Mikroorganismen finden in unserer Mundhöhle ideale Lebensbedingungen. Der Speichel enthält aber alle Bestandteile, um den Schutz der Zähen und der Mundhöhle aufrecht zu erhalten. Besonders wichtig ist es Pausen zwischen den Mahlzeiten einzulegen, damit der Speichel die entstandenen Säuren neutralisieren und den Zahnschmelz remineralisieren kann.

Der Speichel hat mehrere wichtige Funkionen :Er hält die Mundhöhle feucht und ermöglicht dadurch das Sprechen, Schlucken und Schmecken. Proteine (z.B. Laktoferrin), Muzine und Enzyme (z.B. Ptyalin) sind die wichtigsten organischen Bestandteile des Speichels, die antimikrobiell, antiviral und antifugal wirken. Außerdem sind noch Immunglobuline und Histatin im Speichel enthalten.

Die wichtigsten Funktionen des Speichels sind: Andauung von Nahrung, Spülung, antibakterielle Wirkung, Pufferung von Säuren, Remineralisation und Beschichtung. Die Eigenschaften des Speichels sind, bei ausgewogener Ernährung und diszipliniertem Essverhalten, in der Lage die Gesundheit der Zähne und der Mundhöhle zu schützen.

Andauung von Nahrung
In unserem Speichel enthaltener Ptyalin, der bei Kauen die Andauung von Nahrung und Aufspaltung von Polysachariden in Einfach- und Doppelzucker eine wichtige Rolle spielen, benötigen einen hohen pH-Wert, da im sauren Milieu ihre Aktivitäten abnimmt. Mit der Amylase des Speichels beginnt die Verdauung im Mund.
Spülung
"Die Spül- und Räumfunktion des Speichel besteht darin, Reste zerkleinerter Nahrung, agglutinierte Mikroorganismen und abgeschilferten Zellen der Mundschleimhaut aus der Mundhöhle abzutransportieren .... "( aus :StuDent Speichel und Mundgesundheit Prof. Dr. Joachim Klimek et al.)
Antimikrobielle Wirkung
Zu den antimikrobiell wirkenden Bestandteile des Speichels zählen Lactoferrin, Lysozym, Peroxydasen, Histatine, Defensive und Cystatyne.
Pufferung und Remineralisation
Durch die Pufferungssysteme des Speichels wird der pH-Wert neutralisiert und die Einwirkzeit der Säuren verkürzt. Der Speichel enthält alle mineralischen Bestandteile des Zahnes in gelöster Form. Es stehen also genügend Mineralien zur Verfügung um den demineralisierten Zahnschmelz zu remineralisieren.
Beschichtung
Muzine und Glycoproteine bilden einen Schutzfilm auf der Schmelzoberfläche, den man Pellikel nennt, der stark an der Schmelzoberfläche haftet, die Austauschvorgänge zwischen Zahnschmelz und Speichel unterstützt und den Zahn auch vor Säureschädigung schützt.

In unserer Industriegesellschaft sind Weißmehlbrot, Kuchen, zuckerhaltige Brotaufstriche, Bonbons, Schokolade, säure- und zuckerhaltige Getränke, Fast- und Junkfood und Designerfood, sowie Fertiggerichte an der Tagesordnung. Viel Zucker und viele gesättigte Fettsäuren führen zu ernährungsbedingten Erkrankungen, zu denen unter anderem auch Karies, Parodontitis und Zahnfehlstellungen gehören. Industriell hergestellte Lebensmittel enthalten kaum noch Vitamine, Mineralstoffe, Enzyme und ungesättigte Fettsäuren. Das Kauen ist kaum noch nötig, weil alles weich und mundgerecht geliefert wird.

Herzinfarkt, Arteriosklerose, Schlaganfall Multiple Sklerose, Arthritis, Diabetes, Übergewicht, Gicht, Schäden an Wirbelsäule und Bandscheiben, Erkrankungen der Leber, Gallenblase, des Dünndarms und des Dickdarms bis hin zu Veränderungen im Gehirn sind Folgen der Fehlernährung. Die Immunabwehr ist beeinträchtigt, was zu immer wiederkehrenden Erkrankungen der Luftwege und Erkältungen führt.

In vielen Familien wird kaum noch eine Mahlzeit zu Hause zubereitet. Frisches Gemüse kommt nur noch selten auf den Tisch. Von der Lebensmittelindustrie wird durch Zugabe von Vitaminen und Spurenelementen suggeriert, dass diverse Lebensmittel "gesund" sind. Den "gesunden" Müslis wird Zucker, Schokolade, Trockenobst und Honig zugesetzt, so dass auch hier eine kariogene Wirkung entsteht.

Konsequenzen für die Profession
Zahnärzte sind in der Pflicht, nicht nur die ernährungsbedingten Schäden der Patienten, die sich uns anvertrauen, zu beseitigen. Zahnerhaltung erkrankter Zähne durch Karies und Parodontitis, der Ersatz verlorengegangener Zähne und oraler Strukturen durch Brücken Prothesen und Implantate sind wichtig, um den Menschen das Sprechen und Essen zu ermöglichen und ist für unsere heutige Gesellschaft längst selbstverständlich geworden. Auch das Aussehen des Individuums ist von Zahnerhaltung und Zahnersatz abhängig. Zahnlosigkeit führt zu einer Beeinträchtigung des Aussehens, der Sprachfunktion und der Nahrungsaufnahme. Der Verlust von Zähnen und Körperstrukturen kann häufig zu psychosozialen Problemen führen.

Die Prophylaxe für unsere Patienten muss außer der Beseitigung des Zahnsteins, der Plaque und des subgingivalen Biofilms auch eine umfassende Ernährungsberatung mit einschließen. Die Patienten müssen über die kariogene Wirkung der Lebensmittel und deren Auswirkung auf die Zahngesundheit weit besser informiert werden, als es heute in der Regel der Fall ist. Weiterhin sollten wir sie dafür sensibilisieren, auf versteckten Zucker in Lebensmitteln zu achten und diesen zu meiden.

Die Gesellschaft, und leider auch viele Ärzte, bagatellisieren die Zahngesundheit, die Mundhygiene, den Zahnverlust, die Zahnbetterkrankung und die gesundheitlichen Folgen, die sich daraus für den gesamten Organismus ergeben. Der Zusammenhang zwischen Zahngesundheit und Allgemeingesundheit ist viel zu wenig bekannt und findet noch nicht einmal in der Humanmedizin ausreichend Beachtung.

Deshalb wäre es sicher erstrebenswert, wenn diese dringend notwendige Aufklärungsarbeit, in einem möglichst frühen Lebensalter stattfinden würde. Idealer Weise sollte die Ernährungsberatung bereits bei den Schwangeren beginnen, damit deren Kinder und die folgenden Generationen die Chance erhalten, ein gesundes und kariesfreies Leben zu führen.

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