Eine Einrichtung der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg | Körperschaft des öffentlichen Rechts
Florentine Carow, M. A.
Die Beratung der Patienten vor einem zahnärztlichen Eingriff stellt einen wichtigen Bestandteil einer erfolgreichen Therapie dar. Häufig bleiben für die Patienten nach einer Beratung Fragen offen oder sie hegen Zweifel an der vom Zahnarzt vorgeschlagenen Therapie. Um diesen Patienten eine unabhängige, kompetente und neutrale Beratung zu ermöglichen, existiert in Baden-Württemberg seit 15 Jahren ein Zweitmeinungsmodell der Zahnärzteschaft. In dieser Studie sollte in zwei Stichproben herausgefunden werden, wie die Qualität der Beratungen aus Sicht der beratenden Zahnärzte und aus Sicht der Patienten ist und wie die Patienten die Beratung annehmen. Außerdem sollte überprüft werden, ob die Berater sich selbst richtig einschätzen.
In dieser Unersuchung wurden 110 Berater und 110 Patienten bezüglich unterschiedlicher Beratungsgespräche befragt. Die Befragung erfolgte durch Fragebögen mit offenen und geschlossenen Fragen. Einige Fragen, die an die Berater und an die Patienten vergleichbar gestellt wurden, konnten nach der Auswertung mittels Chi-Quadrat-Test miteinander verglichen werden.
Die Evaluation der Beratungsgespräche zeigt, dass die Beratungen strukturiert und Ziel führend sind. Die Berater sind in der Lage den Patienten gut zuzuhören und einen Handlungsweg aufzuzeigen. Außerdem sind die Patienten mit der Beratung sehr zufrieden und geben an, dass sie ihnen in der Entscheidungsfindung weiterhilft. Bei jedem dritten Patienten hat das Zweitmeinungsgespräch das Verhältnis zum Hauszahnarzt gestärkt.
Besonders positiv fanden die Patienten, dass sie genügend Zeit hatten, alle offenen Fragen zu stellen, dass ihnen zugehört wurde und dass sie über alternative Therapiemöglichkeiten mit ihren Risiken, Vor- und Nachteilen informiert wurden. Die Patienten geben ein hohes Vertrauen in den beratenden Zahnarzt an. Indikatoren für Vertrauen wie Kompetenz, Objektivität und gutes Zuhören sind in den Ergebnissen eindeutig positiv verteilt, somit ist anzunehmen, dass die Zweitmeinung das Vertrauen in die Profession stärkt. Ob das Vertrauen zum Hauszahnarzt gestärkt wird, ist abhängig von dem individuellen Zahnarzt-Patienten-Verhältnis. Manche Zahnärzte haben möglicherweise noch Angst vor der Patientenabwanderung oder Vertrauensverlust durch die Beratung eines Kollegen, doch diese Untersuchung zeigt, dass die Profession mit diesem Zweitmeinungsmodell einen Weg gefunden hat, Vertrauen wieder aufzubauen. Die Masterarbeit von Otto (2006) zeigt schon, dass das Zweitmeinungsmodell den Patienten in ihrer Entscheidungsfindung hilft und einen positiven Einfluss auf das Zahnarzt-Patienten-Verhältnis hat. Die Ergebnisse dieser Arbeit belegen diese Aussage anhand einer größeren Patientenpopulation. Der Vergleich der Angaben von Berater und Patient bezüglich der vergleichbaren Fragen zeigt, dass die Berater sich richtig einschätzen, dies unterstreicht noch einmal die Qualität der Beratungen. Außerdem konnte gezeigt werden, dass die Patienten es gut finden, dass die Zweitmeinungsberatung durch einen Zahnarzt durchgeführt wird.
Zusammenfassend zeigt diese Untersuchung, dass in Baden-Württemberg das Ziel der unabhängigen, neutralen und objektiven Patientenberatung durch das Zweitmeinungsmodell der Zahnärzteschaft sehr zufriedenstellend und erfolgreich verwirklicht wird. Für die Zukunft ist es notwendig, dass Patienten noch besser über die Möglichkeit der Zweitmeinung informiert werden und dass der Kollegenschaft bewusst gemacht wird, dass das Zweitmeinungsmodell dazu entwickelt wurde, das Vertrauen in die Profession und das Zahnarzt-Patienten-Verhältnis zu stärken und dass dies auch in den meisten Fällen erreicht wird.