Eine Einrichtung der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg | Körperschaft des öffentlichen Rechts
Dr. Inga Karen Potthoff, M. A.
Die vorliegende Studie beschreibt die Modellierung, Implementation und Evaluation einer dialogfähigen Internetplattform zur zahnmedizinischen Falldarstellung. Eine der wichtigsten Aufgaben des zahnärztlichen Handelns besteht in der Therapieentscheidung und Behandlungsplanung. Aufgrund mangelnder Vernetzung der Praxissoftware bestehen nur eingeschränkte Möglichkeiten der Befragung von Kollegen der Akquise von Expertisen.
Die Darstellung und Interpretation patientenbezogener Befunddaten ist nicht nur Teil des klinischen Alltags sondern zählt zum festen Bestandteil des universitären Curriculums. Das fallbasierte und problemorientierte Lernen hat sich als praxisbezogenes Instrument in Aus- und Weiterbildung bewährt. Es entspricht den modernen Bildungsansätzen und gilt als besonders geeignet um Kompetenzen weit über reines Faktenwissen hinaus zu schulen. Die positiven Effekte themenbezogener Zusammenarbeit sind durch zahlreiche Studien zum Thema „Communities of Practice“ belegt. Diese stehen in enger Verbindung mit den Sozialen Medien des Web 2.0. Als besonderes Merkmal der Sozialen Medien gilt die Möglichkeit des aktiven Mitwirkens aller Nutzer im Gegensatz zum rein passiven Konsum der Inhalte in früheren Zeiten. Die räumlichen Grenzen der Kommunikation werden aufgehoben und es besteht Zugang zu einer breiten Öffentlichkeit.
Keine der gegenwärtigen Internetanwendungen für Zahnmediziner verbindet effektiv die Vorzüge des fallbasierten Lernens mit denen der Sozialen Medien. Entweder handelt es sich um reine Diskussionsforen oder um Lernprogramme mit modellhaften Patientenfällen. Die externe Expertise z. B. durch ein Entscheidungsunterstützungssystem wie DentHelp oder den Expertenrat ist bei bisherigen Anwendungen nicht integriert. Mittels des deduktiven Verfahrens sollte deshalb die Frage beantwortet werden, ob eine geeignete Darstellung von Patientenfällen im Internet zu verwirklichen ist. Nach einem Pretest des Prototyps einer Internetplattform wurde anhand eines Evaluationsbogens die Effektivität und Funktionalität der Anwendung bewertet. Die Konzeption des Programms als Soziales Medium folgte aktuellen Empfehlungen aus der Literatur. Die besondere Erfahrung der Akademie für Zahnärztliche Fortbildung Karlsruhe sowie wissenschaftliche Untersuchungen zu den Themen Fallbesprechung und Therapieplanung prägten die Modellierung der Patientenfalldarstellung. Als Ergebnis der Untersuchung entstand die Internetanwendung „Caselook“. Die Ergebnisse des Pretests durch neun Zahnärzte der Akademie Karlsruhe waren überwiegend positiv. Die sehr vereinzelt schlechten Bewertungen konnten auf bestimmt anfängliche Schwierigkeiten des Programms zurückgeführt werden und wurden umgehend behoben. Die Durchschnittsnoten aller Fragen lagen zwischen 1,4 und 2,8 bei einer Bewertungsskala von 1 bis 6, auf der der Wert 1 der Bestnote entsprach. Weitere Optimierung erfuhr das Programm “Caselook“ durch regelmäßige Begutachtung in den wöchentlichen Arztbesprechungen der Akademie für Zahnärztliche Fortbildung Karlsruhe sowie durch qualitative Kommentare auf den Evaluationsbögen. So konnten anfängliche Widrigkeiten bezüglich der Falldatenspeicherung und des Einstellens von Bilddateien eliminiert werden. Die von den Probanden geforderte Ausweitung der sozialen Komponenten ähnlich einer Online-Community sind für die zukünftige Erweiterung der Internetplattform geplant.
Zusammengefasst wurde die Anwendung „Caselook“ von den Probanden gut angenommen. Die Untersuchung verdeutlicht allerdings auch die Notwendigkeit der ständigen Remodellation einer solchen Plattform. Gedachte zusätzliche Funktionen wären die wissenschaftliche Auswertung von Falldaten und das Einbeziehen von Produktexpertisen aus der Dentalindustrie. Eine Schnittschnelle zu der derzeitigen Praxissoftware könnte die Fallerstellung weiter vereinfachen. Im nächsten Schritt soll die Internetanwendung „Caselook“ den zahnärztlichen Fortbildungsteilnehmern der Akademie Karlsruhe vorgestellt werden. Ihre Reaktion auf das Programm wird, dem Grundgedanken von Sozialen Medien entsprechend, das weitere Vorgehen bestimmen.