Eine Einrichtung der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg | Körperschaft des öffentlichen Rechts
Eine Fallkontrollstudie
Eno Kramer
Ziel der Studie ist die Hypothesenfindung zur Erklärung von Vertikalen Wurzelfrakturen (VRF) nach endodontischer Behandlung in einer kassenzahnärztlichen Praxis.
Über einen Zeitraum von 8,75 Jahren wurde der klinische Erfolg endodontisch behandelter Zähne fortlaufend beobachtet und subsequent dokumentiert. Aus einer Grundgesamtheit von 762 Zähnen bei 508 Patienten wurden 422 Fälle mit je dem ersten im Untersuchungszeitraum behandelten Zahn selektiert. 86 Fälle wurden auf Grund fehlender Wurzelfüllung oder eines Überweisungsauftrages ausgeschlossen.
Als Zielereignis wurde der vollständige Zahnverlust durch VRF definiert. Mit Hilfe des Kaplan-Meier-Verfahrens wurde die Überlebenswahrscheinlichkeit bezogen auf VRF berechnet. Der Einfluss von 23 Parametern wurde durch den Vergleich der Überlebenswahrscheinlichkeiten und durch die Berechung über Kontingenztafeln untersucht. 24 Zähne gingen auf Grund einer VRF verloren (5,7% bei n=422). Dies ist ca. die Hälfte aller Zahnverluste von endodontisch behandelten Zähnen. Die Überlebenswahrscheinlichkeit sank in 7 Jahren auf 0,87. Die geringste Anzahl an Verlusten trat in den ersten 3 Jahren nach Anfang der Behandlung auf (n=6). VRF trat signifikant häufiger bei Patienten älter als 50 Jahre auf (p=0,038) und bei Zähnen, die eine Wurzelfüllung während der ersten Behandlungssitzung erhielten (p=0,013), wobei letztere häufiger eine VRF bei devitalen Zähnen zeigten (p=0,036).
Bei Patienten älter als 50 Jahre und bei Zähnen mit sofortiger Wurzelfüllung war die Überlebenswahrscheinlichkeit endodontisch behandelter Zähne verringert (p=0,031 bzw. p=0,018). In den 24 Fällen mit VRF war kein Zahn mit einem Wurzelstift versorgt. In 7 der 24 Fälle war die Breite der Wurzelfüllung in mesio-distaler Richtung größer als 50% der Wurzelbreite und in 7 der 24 Fälle wurde eine vorhandene insuffiziente Wurzelfüllung revidiert. Das Auftreten einer VRF bei wurzelbehandelten Zähnen war unabhängig vom klinischen Ausgangsbefund, vom Zahntyp, von der postendodontischen restaurativen Versorgung und deren zeitlichen Abstand zur Wurzelfüllung, von der Art der Aufbaufüllung und der Qualität der Wurzelfüllung.
Für die zahnärztliche Praxis bedeutet das Ergebnis, dass VRF in einem vergleichbaren Untersuchungsgut häufig auftreten können - jeder 20. wurzelgefüllte Zahn kann innerhalb eines Zeitraumes von 8,6 Jahren betroffen sein. Die vorliegende Studie unterscheidet sich zu bisherigen Publikationen in der Wahl des Studienaufbaus. Als Ausgangspunkt für weitere Studien könnten folgende 5 Hypothesen dienen:
Das Risiko für VRF ist abhängig vom Alter der Patienten, vom Zeitpunkt der Wurzelfüllung, von der Größe der Wurzelkanalaufbereitung im Verhältnis zur Wurzelbreite, von der Anwendung von Wurzelkanalstiften und von der präoperativen Vitalität des Zahnes.